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Fehlstart für die WerteUnion

Am 17.02.2024 wurde auf einem Schiff bei Bonn die neue WerteUnion-Partei gegründet. Missverständliche Äußerungen des Parteivorsitzenden Hans-Georg Maaßen, die zu Austritten prominenter Unterstützer aus dem Verein führten, sowie eine fragwürdige Satzungsregelung sorgen für einen Fehlstart.

Sie galt als Hoffnungsträger auf eine Politikwende in Deutschland: die neue Partei "WerteUnion". Die Partei ist eine Weiterentwicklung des CDU-nahen Vereins "WerteUnion". Die WerteUnion verkörpert dabei den traditionellen, konservativen Teil der CDU, der über die letzten Jahre in immer größeren Gegensatz zur Partei CDU gekommen ist. So verweigerte die CDU der WerteUnion erst die Anerkennung als parteinahe Organisation. Später dann wurde eine Mitgliedschaft in der WerteUnion gar als "unvereinbar" mit einer CDU-Mitgliedschaft gesehen. Der aktuelle Vorsitzende Hans-Georg Maaßen, ehem. Präsident des Bundesverfassungsschutzes, wurde 2023 sogar mit einem Parteiausschlussverfahren konfrontiert.

Kein Wunder also, dass viele in der WerteUnion aktive keine Zukunft mehr in der CDU/CSU-Familie gesehen haben oder hatten. Ende 2023 ist dann in der WerteUnion die Entscheidung gereift, eine eigene Partei zu gründen und sich entgültig von der CDU/CSU abzuspalten. Am 17.02.2024 wurde dann die Parteigründung in Bonn vollzogen.

Fehlstart

Doch die Gründung steht unter keinem guten Stern. Dabei ist das rational für die WerteUnion Partei, die von vielen Wählern empfundene Repräsentationslücke zwischen CDU und AfD zu fühlen, durchaus überzeugend. So freuten sich viele Wähler auf dieses neue Angebot und prominente Unterstützer formulierten ihre Erwartung, durch eine Zusammenarbeit von WerteUnion-Partei (WU) und AfD den ersehnten Politikwechsel, weg von linksgrüner Ideologie hin zu liberal-konservativer "Vernunftpolitik", zu erreichen.

Daraus könnte nun nichts werden. Denn sowohl der Gründungsakt (ausgewähler Kreis von 40 "Getreuen"), die Besetzung des Bundesvorstandes als auch nachfolgende Äußerungen zur Zusammenarbeit der WU mit "Altparteien" und der AfD haben die potentielle Wählerbasis mächtig irritiert. So tauchen im Bundesvorstand zwar respektable Namen auf, die jedoch in ihren ersten Statements eher eine Sehnsucht nach einer Politikkorrektur von CDU und FDP versprühen, als auf eine echte Politikwende in Eigenständigkeit hindeuten.

Zudem irritierte der Parteivorsitzende Maaßen mit seiner Aussage, für die WU seien CDU/CSU die "Premiumpartner" für eine Konstellation. In Anbetracht der Tatsache, wie die Unions-Parteien die Mitglieder der WerteUnion in den letzten Jahren behandelt haben, dürfte diese Aussage selbst die eigene WU-Basis irritieren. Einige priminente Unterstützer, darunter die Ökonomen Dr. Max Otter und Dr. Markus Krall, zeigten sich so entsetzt und irritiert, dass sie der WU den Rücken kehrten, noch bevor sie eintreten konnten.

Dass Maaßen mit allen Parteien sprechen will, ist lobenswert und in Deutschland 2024 keineswegs mehr eine Selbstverständlichkeit. Aber eine echte Politikwende ist derzeit unseres Erachtens nach nur mit der AfD zu erreichen. Hier erteilte Maaßen an eine AfD-geführte Landes- oder Bundesregierung jedoch eine klare Absage. Man werde keineswegs für die AfD Mehrheitsbeschaffer sein, was impliziert, dass man eine Koalition mit der AfD nur eingehen werde, wenn man der größere Partner ist. Die Erklärungsversuche von Dr. Maaßen wirken auf uns wenig überzeugend.

Davon kann aber keine Rede sein. Die WU ist neu und verfügt noch über keinerlei Parteistrukturen. Es bedarf großer Kraftanstrengungen, allein für die drei in 2024 anstehenden Landtagswahlen die notwendigen Landesverbände aufzubauen und die Zulassung zu den Wahlen zu erreichen.

Fragezeichen in der Satzung

Und dieser Aufbau der Partei dürfte sich in Anbetracht merkwürdiger Regelungen in der Gründungssatzung als schwierig erweisen. So heißt in §4 Absatz 4 der Bundessatzung, dass es grundsätzlich 15 Monate dauert, bis ein Aufnahmeantrag entschieden wird. Bis zur Entscheidung verfügt das neue Mitglied nicht über ein Stimmrecht oder kann für ein Parteiamt kandidieren. Unklar ist, ob dieser Regelung auch für bisherige und langjährige Mitglieder des WerteUnion-Fördervereins gilt. Dies bedeutet, dass es für viele Menschen, die neu die WU unterstützen wollen, sehr unattraktiv ist, notwendige und wichtige Aufbauarbeit zu leisten, jedoch weder passiv noch aktiv ein Wahlrecht zu besitzen. Die Frist von 15 Monaten ist ungewöhnlich und reicht bis nahe an die Bundestagswahl 2025 heran. Wie ein Politikwechsel mit der WU gelingen kann, wenn man sich derart stark blockiert und Neuaufnahmen abblockt, ist fraglich.

Wir haben eine entsprechende Anfrage an die WerteUnion gesendet, die bis dato aber unbeantwortet geblieben ist.

Ebenso wirft das Thema "Schnuppermitgliedschaft für aktuelle CDU/CSU und FDP-Parteimitglieder" Fragen auf. Einerseits ist nachvollziehbar, dass die WU unzufriedene, aber womöglich erfahrene Politikerinnen und Politiker dieser Parteien an sich binden will. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob die 15-monatige Antragsfrist nicht abschreckend wirkt. Zudem besteht die Gefahr, dass man viele unzufriedene, aber auch wenige mutige Vertreter dieser Parteien anlockt, die letztlich nur den unseeligen Geist der Altparteien mitbringen ohne für eine echte Aufbruchstimmung zu sorgen.

Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass die WU noch immer sehr an ihrer bisherigen politischen Heimat und den dort verlorenen Traditionen und Werten hängt, und sich zu wenig wirklich als neue Kraft außerhalb des als Kartell wahrgenommnen Spektrums der "etablierten" Parteien zu begreifen. Viele Wähler, die den Altparteien den Rücken gekehrt haben und bislang nicht zur AfD gewechselt sind, werden so die WU nicht als interessante Kraft im Spektrum begreifen.

Die WerteUnion ist gerade dabei, sich selbst zu zerstören. Eine außerparteiliche Therapiegruppe für die vergrünte CDU und CSU braucht niemand.

Politik, CDU, AfD, Parteien, Hans-Georg Maaßen, WerteUnion, Markus Krall, Max Otte, CSU