Spenden-Widerstand
Die Zeiten sind wahrlich schwierig. Wer eine Meinung vertritt, die dem aktuell herrschenden Narrativ widerspricht, "braucht nicht nur ein schnelles Pferd" sondern oftmals auch einen guten Anwalt. Denn an vielen Stellen regiert inzwischen eine Intoleranz, die in ihrem Furor auch Existenzen zu zerstören trachtet. Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin und Professorin an der Universität Bonn, ist es so ergangen. Seit sie sich in der Corona-Zeit gegen die freiheits- und grundrechtswidrigen Maßnahmen aussprach, ist die einst fest im Mainstream verankerte Politologin zunehmend unter Beschuss geraten. 2023 verlor sie dann ihre Professur - und will sich nun juristisch gegen die Kündigung wehren. Eine Spendenaktion, die dafür zu ihren Gunsten ins Leben gerufen wurde, wirft aber Fragen auf.
Der Sachverhalt
Ulrike Guérot, geboren 1964, ist eine Politikwissenschaftlerin und Publizistin, die vor allem durch ihre europapolitischen Publikationen bekannt geworden ist. Ihr Werdegang war bis Corona vorbildlich im Sinne einer EU-Mustereuropäerin. CDU-nah sozialisiert, in Frankreich studiert, an der Uni Münster mit einer Arbeit zur „Europapolitische Programmatik der französischen Sozialisten“ promoviert. Danach sechs Jahre Ehe mit einem französischen Diplomaten, den sie laut Wikipedia an einer Pariser Elitehochschule kennenlernte.
Sie begründete eine hoffnungsvolle politische Karriere mit Stationen als Mitarbeiterin bei Jaques Delors in der EU-Kommission und weitere bedeutende Tätigkeiten in Denkfabriken und Organsationen. In der Liste der ausgeübten Tätigkeiten fehlt weder eine Professur an der, allen aus Corona als "Hüterin der Zahlen" bekannten John Hopkins University, noch ein Direktoriums-Posten im "German Marshall Fund", dem "European Council of Foreign Relations" oder der Stiftung "Open Society Initiative for Europe", die zum Einflussbereich des Milliardärs George Soros zählt. Bis 2023 war sie als Professorin für Europapolitik an der Universität Bonn tätig.
Ein Lebenslauf, wie er prädestiniert für eine steile Karriere im Mainstream ist und doch kam diese Karriere jäh zu einem vorzeitigen Ende. Zumindest hat dies den Anschein. Denn seit Frau Guérot ab 2021 öffentlich deutliche Kritik an den Corona-Maßnahmen und deren mutmaßliche Verfassungswidrigkeit äußerte, ist der einstige Liebling von Politik und Medien in Ungnade gefallen. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben wir sie schon länger nicht mehr gesehen.
2023 verschärfte sich der öffentliche Gegenwind. Unter anderem - laut Wikipedia auch nicht zum ersten Mal - wurden Plagiatsvorwürfe erhoben, die laut der Universität Bonn ursächlich für eine Beendigung ihres Anstellungsvertrages als Professorin waren. Frau Guérot und ihre Unterstützer wittern eine politische Motivation hinter der Kündigung und halten die Vorwürfe für unbegründet.
Der Spendenaufruf
Frau Guérot will sich deshalb gegen eine mutmaßlich politisch motivierte und damit eventuell rechtswidrige Kündigung zur Wehr setzen. Ob und was an den Vorwürfen dran ist, die die Universität erhebt, kann und soll hier nicht erörtert werden.
Durch ihre öffentliche und pointierte Kritik an dem freiheitsfeindlichen Handeln von Regierungen und Verwaltungsorganen hat sich Frau Guérot große Sympathien im Lager der Corona-Kritiker und der oppositionellen Kräfte im Land erworben. Viele dieser Menschen können sich nur allzu gut vorstellen, wie leicht man in einen "linksradikalen Vernichtungsmob" geraten kann. Dass es mitunter nicht nur kraftraubend sondern auch teuer werden kann, sich mit allen Mitteln - auch juristisch - zu wehren, ist ebenfalls sehr einleuchtend.
Dennoch waren wir überrascht, als wir von einem Spendenaufruf des Berliner Politikwissenschaftlers Patrik Baab Kenntnis erlangten. Dieser wurde u.a. über den Telegram-Kanal des Berliner Mediziners und Aktivisten Dr. Paul Brandenburg geteilt.
In dem Spendenaufruf schreibt Patrik Baab:
"Prof. Dr. Ulrike Guérot hat Mut gezeigt, als andere mutlos waren. Sie hat gekämpft, als andere gezögert haben. Sie hat ihre Stimme erhoben, als andere geschwiegen haben. Sie setzt sich ein für eine Aufarbeitung des Corona-Unrechts. Sie kämpft für den Frieden in der Ukraine und ein Europa der Bürger und nicht der NATO. Sie lehnt sich auf gegen die Unterwerfung der Universitäten. Von der Universität Bonn wurde sie unter fadenscheinigen Vorwänden gekündigt. Dagegen klagt sie vor dem Arbeitsgericht. Ulrike Guérot rechnet mit Verfahrens- und Anwaltskosten in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Jetzt ist es an uns, Danke zu sagen. Sorgt dafür, dass Ulrike Guérot weiterkämpfen kann. Es geht um unsere Grundrechte, um unsere Demokratie, um den Frieden in Europa! Ulrike Guérot - das sind wir! Ich bitte alle Leserinnen und Leser ihrer Bücher, alle hommes de lettre, alle Demokraten: Spendet zweckgebunden für Ulrike Guérot. Ihr Sieg vor Gericht ist auch unser Sieg. Denn es geht um mehr: den Fortbestand von Rechtsstaat, Demokratie und die Rückgewinnung des Friedens!" (Hervorhebung durch den Autor)
Die stolze Summe von 50.000 Euro soll also zu Gunsten von Frau Guérot gesammelt werden. Und dass dies erreicht werden kann, zeigt sich bereits nach zwei Tagen: 556 Spenderinnen und Spender haben laut der Platform GoFundMe bereits 23.808 Euro gespendet (Stand: 20.03.2024, 20:44 Uhr), darunter Einzelspenden von bis zu 1.000 Euro. Hinzu kommen unbekannte Beträge, die eventuell bereits direkt auf das Konto von Frau Guérot gespendet wurden, denn deren Kontoverbindung ist im Spendenaufruf ebenfalls genannt.
Unbequeme Fragen
Wann immer man einen Spendenaufruf liest, man denke an krebskranke Kinder oder Familien in Not, überlegt man instinktiv, ob und wie man helfen will und kann. Doch in diesem Fall kommen beschleicht einen sofort ein komisches Gefühl und es kommen unbequeme Fragen in den Sinn:
- Ist der Aufruf authentisch, also mit Frau Guérot abgestimmt und von ihr autorisiert?
- Wieso benötigt man für eine Kündigungsschutzklage eine so hohe Summe?
- Hat Frau Guérot keine Rechtschutzversicherung?
- Wieso kann sie, in Anbetracht ihrer Karriere und ihre sicher nicht schlecht bezahlten und umfassenden Vortragstätigkeit, die Kosten nicht selbst tragen?
- Und was passiert eigentlich mit Geldern, die die Summe von 50.000 Euro übersteigen lassen? Gibt es eine Transparenz für was das Geld dann verwendet wird? (Wie man nicht benötigte Überschüsse verwenden könnte, kann man hier lesen)
Mit anderen Worten: Wieso soll es also "an uns sein", die Kosten für Frau Guérot erträglich zu gestalten?
Spätestens seit der Verhaftung des Querdenken-Gründers Michael Ballweg und der damit in Zusammenhang stehenden kritischen Betrachtung der Praxis, für die "Tätigkeit im politischen Widerstand" um Spenden zu bitten und diese in wenig transparenter Art und Weise zu verwenden, haben solche Aktionen einen zweischneidigen Ruf.
Es gibt zweifellos Menschen, die sich für andere in der Corona-Zeit eingesetzt haben und für ihren (weitgehend) selbstlosen Einsatz staatliche Repression und Strafverfahren kassiert haben. Menschen, die wirklich durch staatliche Verfolgung auch in finanzielle Not gekommen sind und Hilfe gebrauchen können. Hier sei an den einen oder anderen Arzt, der wegen Maskenattesten angeklagt wurde. gedacht. Oder an so manche Versammlungsleiterin oder -leiter, die von den Ordnungsbehörden auch manchmal willkürlich mit Strafbefehlen überzogen wurden.
Es gab in den letzten Jahren "im Widerstand" leider auch jede Menge fragwürdiger Spendenaktionen. Erinnert sei zum Beispiel an den Aufruf von Dr. Bodo Schiffmann, nach eigenen Angaben bis 2020 Topverdiener im Bereich der "Schwindelambulanz", man möge doch sein Geschäftskonto (was sechsstellig im Soll war) bitte ausgleichen, da er auswandern wolle.
Oder an den bereits erwähnten Dr. Paul Brandenburg, der - nachdem er ein eigenes journalistisches Angebot mangels Erfolg einstellen musste - darum bat, man möge doch bitte seine diesbezüglichen Verluste ausgleichen. Ob er die Öffentlichkeit auch an eventuellen Gewinnen beteiligt hätte, werden wir nie erfahren. An den Erträgen seiner Corona-Testzentren hat er jedenfalls unseres Wissens nach seine Fans nicht beteiligt.
Ein besonderes "Spenden-Drama" ganz eigener Art - und eine eigene Berichterstattung wert - ist der "finanzielle Multi-Rosenkrieg" (auch hier lesenswert) rund um den Corona-Ausschuss.
Nicht unerwähnt bleiben soll auch der Ex-AfD-Landtagsabgeordnete "DocFiechtner". Der Stuttgarter Onkologe fiel u.a. durch scharfe Kritik an den Corona-Genbehandlungen auf und ließ an impfenden Kollegen kaum ein gutes Haar. Selbst gab er aber zu, ebenfalls die Spritze "auf Verlangen" zu verabreichen. Ob er sich dies per Honorarabrechnung vergüten lässt, ist uns nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass er in seinem Telegram-Kanal in sehr vielen seiner Beiträge um Spenden bettelt. "Widerstand zahlt für Impf-Arzt" könnte man titeln, wenn man es nicht gut mit ihm meinen würde.
Generell erscheint es fragwürdig, wenn Aktivisten und Geschäftemacher Projekte und Aktivitäten in eigener Verantwortung und ohne Absprache beginnen und bei Misserfolg ihre "Fangemeinde" in eine Solidarhaftung zu nehmen beabsichtigen. Das hat "ein Geschmäckle".
Wie es um die Redlichkeit im vorliegenden Fall bestellt ist, darum geht es in diesem Artikel. Wir haben unsere Fragen deshalb an Frau Guérot gesendet.
Abzock-Anwälte?
Eine Antwort von Ulrikje Guérot steht bislang aus. Geantwortet hat uns jedoch der Initiator des Spendenaufrufs, Patrik Baab. Dieser verweist auf "Abzock-Anwälte, anwaltliche Leistungen, die die Versicherungsbedingungen ausschliessen, Gerichtsgebühren". Zudem habe er eigene Erfahrungen mit ähnlichen Prozessen, die schnell mittlere fünfstellige Beträge verschlingen.
Das Besondere an einer Kündigungsschutzklage sind die vergleichsweise geringen Gerichtskosten, vor allem in der ersten Instanz, sowie der Umstand, dass die unterlegene Seite in der ersten Instanz nicht die Anwaltskosten der Gegenseite zu tragen hat. Sofern man einen Anwalt beauftragt, der nach der Rechtsanwaltsvergütungsordnung abrechnet, würden sich - bei einem angenommen Gehalt von monatlich 15.000 Euro - bis einschließlich der Revisionsinstanz (Quelle: Kostenrechner im Internet) eigene Anwalts- und Gerichtskosten von ca. 15.000 Euro ergeben. Mit den Anwaltskosten der Gegenseite liegt man also bei einem Gang durch drei (!) Instanzen bei rund 25.000 Euro.
Soweit muss man aber erst einmal gehen. Für die erste Instanz würden wohl 3-4 Tausend Euro genügen. Und diese Kosten trägt in der Regel die eigene Rechtschutzversicherung, die hier offenbar auch gegeben ist. Wozu braucht es also diesen Spendenaufruf?
Wir können nur vermuten. Liegt es etwa daran, dass sich Frau Guérot von ihren Fans einen Staranwalt bezahlen lassen will? Diese rechnen nicht nach Gebührenordnung ab, sondern verlangen Stundensätze von 300-500 Euro. Es sollen auch schon bis zu 1.000 Euro je Stunde aufgerufen worden sein, damit der Anwalt nach getaner Arbeit auch standesgemäß "Frist Class" in den extremen Süden fliegen kann. Ist es das, was Patrik Baab unter "Abzock-Anwälten" versteht?
Wissen die Spenderinnen und Spender, dass es hier mutmaßlich um eine solche exquisite Verteidigung geht? Findet sich für Frau Guérot kein vernünftiger Arbeitsrechtler, der nach Gebührenordnung eine so prominente Klientin "gerne und gut" verteidigt?
Oder geht es gar nicht um Kündigungsschutz allein, sondern evtl. auch noch um eine Klärung der Plagiatsvorwürfe samt Schadenersatz? Wenn ja, warum sollten "wir dafür dankbar sein" und spenden?
Die Frage nach der Steuer
Ein Aspekt, der bei solchen Spendenaktionen zudem meist wenig beachtet wird, ist die Steuer. Alles was über GoFundMe eingeworben oder mit dem Hinweis "Schenkung" auf das Konto direkt eingezahlt wird, gilt mutmaßlich als eine steuerfreie Schenkung. "Oder auch nicht", würde Michael Ballweg eventuell sagen. Vielleicht stecken in den geforderten 50.000 Euro auch schon die Kosten für einen Steueranwalt? Man möchte es Frau Guérot zumindest anraten, sich sauber steuerlich beraten zu lassen.
Gelten die Zuflüsse als Schenkung, dann könnte sich für Frau Guérot eventuell ein Zusatznutzen ergeben. Denn die Kosten für eine Kündigungsschutzklage sind steuerlich voll absetzbar. Sprich: 50.000 Euro Kosten bringen, je nach steuerlichen Verhältnissen, bis zu 25.000 Euro Steuerersparnis. Es ist also alles ein wenig kompliziert.
Fazit
Es ist nachvollziehbar, dass man seine Ersparnisse nicht für Rechtsstreite opfern will, die einem von einem politisch motivierten System aufgedrängt werden. Ob es aber legitim ist, wenn es einem finanziell mutmaßlich gut geht, den eigenen Promi-Status und die Dankbarkeit der Fangemeinde in der Weise auszunutzen, dass man sich eigene Lebensrisiken von Menschen finanzieren lässt, denen teilweise selbst wenig zum eigenen Leben bleibt, ist eine andere Frage.
Für uns reiht sich, nach allem was wir bisher wissen, dieser Aufruf leider eher in die Liste derjenigen Spendenaufrufe ein, die "dem Widerstand" wertvolle Geldmittel entzogen haben und sie dorthin verfrachtete, wo mutmaßlich keine oder nur geringe finanzielle Not herrschte. Es steht das ungute Gefühl im Raum, dass hier aus einem, für die Betroffene sicher nervenaufreibenden Ärgernis zumindest finanziell nicht noch ein Schaden, sondern eher ein Überschuss ("Schmerzensgeld"?), erwachsen soll.
Wir finden, "wer bestellt soll auch bezahlen". Sprich: für das, was man aus freien Stücken tut, sollte man auch selbst vollumfänglich einstehen. Freiheit und Verantwortung gehen Hand in Hand. Oder liegt es doch an einer eher linken politischen Grundhaltung, die gerne Solidarität entgegennimmt? In der Gehaltsklasse einer Ulrike Guérot sollten die Schultern eigentlich "breit genug" für einen Arbeitsschutzprozess sein. Und falls nicht, helfen bestimmt die guten Freunde des gleichen "Promi- und Gehaltsrangs" weiter.
Der gute Freund Patrik hat mit seinem breiten Aufruf seiner Ulrike am Ende vielleicht einen Bärendienst erwiesen. Denn das Renomee ist nun ein weiteres Mal angeknackst.
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