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Strategische US-Ölreserven und der Ölpreis

Die Strategischen US-Ölreserven sind die weltweit größten Öl-Reserven für Notfälle. Bis zu 714 Millionen Barrel Rohöl (1 Barrel = 159 Liter) sind in 60 unterirdischen Kavernen eingelagert und können im Notfall mobilisiert werden. Diese Reserven wurden in der Vergangenheit auch zur Preisdämpfung in internationalen Ölmarkt-Krisen eingesetzt. Das ist auch seit Beginn des Ukraine-Kriegs der Fall. Inzwischen sind die Reserven jedoch deutlich geschrumpft. Was bedeutet dies für die künftige Ölpreis-Entwicklung?

Hintergrund und Entstehung

Die strategische US-Ölreserve wurde 1973 beschlossen, nachdem die Organisation Arabischer Öl-Exporteure (OAPEC) ein Öl-Embargo über die USA verhängten. Um potentielle Schäden im Falle erneuter Einschränkungen in der Öl-Versorgung zu dämpfen, wurde die Reserve effektiv 1975 durch einen Präsidentenerlass des damaligen US-Präsidenten Gerald Ford eingerichtet.

Hauptziele der strategische Ölreserve sind ausgleichende Wirkungen auf den lokalen US-Markt im Falle von lokalen oder internatioalen Störungen im Ölmarkt.

Die Reserve soll den US-Ölimport-Bedarf von rund 90 Tagen decken. Dazu wird aktuell eine Kapazität von mehr als 700 Millionen Barrel vorgehalten. DIe Lagerstätten verteilen sich auf rund 60 Kavernen an vier Standorten in der Nähe der US-Golfküste. Die Kavernen sind unterirdische Salzstöcke, die sich in mehreren hundert Meter Tiefe befinden und selbst bis zu 1.000 Meter tief sind.

Weitere Infos siehe Broschüre des US-Energieministeriums

Wie wird das Öl verwendet

Die strategischen Öl-Reserven (SPR) werden so vorgehalten, dass sie binnen 13 Tagen bereitgestellt werden können. Hauptsächlich werden Reserven entnommen, wenn es schwerwiegende Versorgungsengpässe oder internationale Notlagen gibt. So wurden beispielsweise nach dem Hurrikan Harvey Ölreserven entnommen. Verkäufe wurden aber auch schon vorgenommen, um die Aufnahmefähigkeit des Marktes zu testen, die Modernisierung der Anlagen zu finanzieren oder Haushaltslöcher zu stopfen.

Insgesamt sollte die Entnahme des Öls am besten antizyklisch erfolgen, die Läger als gut gefüllt sein, wenn die Preise hoch und leer - und damit zur Aufnahme neuen Öls bereit - wenn die Preise niedrig sind.

Die bis dato größe Entnahme aus den Öl-Reserven erfolgte als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine. Insgesamt 370 Millionen Barrel oder 64% der Kapazitäten des SPR wurden von US-Präsident Biden seit dem 1. März 2022 freigegeben (siehe Tabelle unten) und - im Gegensatz zur manch anderen Freigabeentscheidung - auch tatsächlich aus den Reserven entnommen. Damit waren diese Freigaben in Summe größer als alle anderen Freigaben zusammen seit 1985. Aktuell befinden sich noch rund 350 Millionen Barrel in den Reserven, was ausreichen würde, um 560 Millionen PKW einmal zu betanken.

Diese Entscheidung der US-Regierung, die strategische Öl-Reserve umfassend zu nutzen, dürfte erheblich zur Dämpfung der Benzinpreise in den USA und damit eine erhebliche konjunktur-stabilisierende Wirkung entfaltet haben. Gleichzeitig hatten die in den Markt gegebenen Reserven einen Wert von rund 30 Milliarden US-Dollar, was in diesem Umfang den laufenden US-Haushalt entlastete.

Die Zukunft der Reserven

Reserven, die einmal verbraucht wurden, stehen entweder für künftige Notfälle nicht mehr zur Verfügung oder müssen ersetzt werden. Die Vorgabe, die mit dem SPR-"Act" einhergehen, sehen vor, dass die Reserven wieder aufzufüllen sind. Zum einen, weil man nicht weiß, was die nächsten "Schocks" den Markt treffen. Zum anderen auch um die Fähigkeit der USA militärisch zu agieren zu erhalten.

Dies hätte aber neben einer Belastung des US-Haushalts unter Umständen auch eine Ölpreis-erhöhende und damit potentiell inflationstreibende Wirkung. Nämlich vor allem dann, wenn die Lage am Ölmarkt unverändert angespannt wäre. Solange der Ukarine-Krieg andauert und damit auch die Sanktionspolitik gegen Russland fortgesetzt wird, muss von einer angespannten Angebots-Nachfrage-Situation ausgegangen werden.

Hinzu kommt, dass auch die freien Öl-Reserven in den USA (siehe Chart 3 oben) in der Nähe des tiefsten Standes der letzten 5-6 Jahre liegt. Ähnlich niedrige Niveaus erreichten die Reserven im Umfeld von Ölpreis-Höchstständen. Dieses Mal dürfte eine erhebliche Marktverzerrung vorliegen, die Preise also durch den Abbau der SPR erheblich reduziert worden sein.

Würden die Reserven also jetzt, in einem Umfeld noch robuster US-Konjunktur, erhöht werden, wären wohl deutliche Preisausschläge nach oben sehr wahrscheinlich. Aber auch wenn sich am Bestand der Strategischen Reserven vorerst nichts verändern würde, dürfte ein anhaltend robuste US-Konjunktur Ölpreis-erhöhend wirken, da die freien Reserven auch vergleichsweise niedrig sind.

Weitere interessante Ausführungen zur Strategischen Öl-Reserve findest du hier

Fazit

Wenn man die Ölpreisentwicklung beurteilen will, sollten wir einen deutlich intensiveren Blick auf die Entwicklung der Strategischen Reserven der USA werfen. Diese hatten in den letzten beiden Jahren durch Entnahmen im Volumen von 370 Millionen Barrel einen erheblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Öl und dessen Preis. Die US-Inflation dürfte gedämpft und damit die US-Konjunktur gestützt worden sein.

Dieser Effekt kann so nicht wiederholt werden. DIe Reserven sind inzwischen halbiert. Im Gegenteil: ein Auffüllen der Reserven zur Unzeit, nämlich in einer Phase angespannter Versorgungslagen und guter US-Konjunktur, könnte den Ölpreis deutlich steigen lassen - und den US-Staatshaushalt, der ohnehin erheblich gestresst ist, zusätzlich belasten.

Wirtschaftspolitik, Ökonomie, Konjunktur, Ölpreis, USA, Strategische Ölreserven, US Department of Energy