Telepolis löscht 50.000 Artikel aus 25 Jahren – Kritik an drastischem Schritt
Das Online-Magazin Telepolis hat bekannt gegeben, alle vor 2021 veröffentlichten Artikel zu löschen. Betroffen sind rund 50.000 Beiträge aus 25 Jahren. Chefredakteur Harald Neuber begründete den Schritt mit der Unmöglichkeit, die Qualität der Inhalte aus dieser Zeit zu garantieren. Die Texte sollen künftig geprüft und, wenn sie noch Mehrwert bieten, überarbeitet werden. Kritiker werfen der Redaktion jedoch Zensur und Geschichtsverfälschung vor.
Telepolis-Gründer Florian Rötzer bezeichnete die Maßnahme als „stalinistische Cancel Culture“ und sprach von einem Anpassungsdruck an den Mainstream. Unter seiner Leitung hatte das Magazin einst mehrere Auszeichnungen erhalten. Auch Autoren wie Sabine Schiffer und Philipp von Becker äußerten scharfe Kritik. Schiffer sieht das Projekt „Telepolis“ am Ende und bemängelt fehlenden Mut, während von Becker den Schritt als „Unverschämtheit“ verurteilt.
Neuber verteidigte die Maßnahme und hob das aktuell erreichte journalistische Niveau hervor. Er verwies auf eine positive Bewertung durch das US-Portal NewsGuard, das jedoch selbst in der Kritik steht, Meinungsfreiheit einzuschränken und mit der US-Regierung zu kooperieren.
Bereits im Februar 2024 hatte Telepolis ältere Artikel mit einem Warnhinweis versehen, wonach diese möglicherweise nicht mehr den heutigen journalistischen Standards entsprächen. Die Formulierung wurde nach Kritik angepasst.
Das Vorgehen ist in der deutschen Medienlandschaft beispiellos und stößt auf breiten Widerstand. Unter dem Artikel zur Löschung ist das Leserforum deaktiviert. Kommentare sind nicht möglich, was zusätzlich Unmut hervorruft.