Der Eklat im Bundestag und seine Folgen
Die deutsche Politik erlebt einen historischen Moment: Zum ersten Mal hat die AfD im Bundestag eine Mehrheit mitgetragen und damit einen Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik durchgesetzt. Während CDU und CSU dies als Erfolg verbuchen, könnte sich der Vorgang als Pyrrhussieg erweisen. Die Debatte um den politischen Umgang mit der AfD nimmt damit eine neue Wendung.
Die Brandmauer zur AfD - gefallen oder intakt?
Kanzler Olaf Scholz sieht eine historische Zäsur: Die Union habe einen Konsens der Nachkriegszeit aufgekündigt, wonach demokratische Parteien nicht mit der extremen Rechten zusammenarbeiten. Friedrich Merz hingegen widerspricht: Es gebe keine Zusammenarbeit mit der AfD, man lasse sich jedoch nicht davon abhalten, in der Sache richtige Entscheidungen zu treffen.
Rein faktisch hat die Union ihren Fünf-Punkte-Plan durchgebracht, der unter anderem mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze vorsieht. Doch dieser Erfolg könnte sich als zweischneidig erweisen: Zwar konnte die Union ein Zeichen setzen, doch die eigentliche Gewinnerin dürfte die AfD sein. Sie hat erstmals eine entscheidende Rolle in der Mehrheitsfindung gespielt und inszeniert sich nun als Gestaltungsfaktor im Bundestag. Politisch bleibt der Beschluss jedoch wirkungslos, da die Regierung nicht verpflichtet ist, ihn umzusetzen. Die Signalwirkung ist jedoch enorm und dürfte langfristige Auswirkungen auf die politische Landschaft haben.
Wie geht es weiter?
Bereits am Freitag folgt die nächste Bewährungsprobe. Dann geht es nicht mehr nur um einen symbolischen Antrag, sondern um ein Gesetz zur Zuwanderungsbegrenzung. Die Union zeigt keine Anzeichen eines Rückzugs, während die AfD erneut Zustimmung signalisiert. Eine Mehrheit jenseits der Regierungskoalition wäre erneut möglich - diesmal mit konkreten politischen Konsequenzen.
Das Thema Migration rückt stärker denn je in den Mittelpunkt. Die SPD will mit Warnungen vor einer möglichen schwarz-blauen Zusammenarbeit punkten. Scholz erklärt, Merz habe "bewusst kalkuliert" hingenommen, dass die AfD für seinen Antrag stimmt. Eine Regierungsmehrheit von Union und AfD müsse verhindert werden.
Merz hingegen bekräftigt, dass eine Koalition mit der AfD für ihn ausgeschlossen sei. Doch der Eklat könnte die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit SPD, Grünen oder FDP nach der Wahl erschweren. Besonders in den Reihen der Grünen werden Stimmen lauter, die eine Koalition mit der Union ablehnen, solange Merz an der Spitze steht.
Fazit
Was als taktischer Erfolg der Union erscheint, könnte sich als langfristiges Dilemma entpuppen. Die AfD hat eine neue politische Rolle eingenommen, die Fronten im Bundestag verschieben sich - und der Wahlkampf nimmt eine neue Dynamik an. Die kommenden Wochen dürften entscheidend dafür sein, wie sich das politische Kräfteverhältnis in Deutschland weiterentwickelt.