Grundrecht auf ein analoges Leben
Im digitalen Zeitalter, in dem Online-Transaktionen und digitale Dienstleistungen zur Norm geworden sind, fordert die SPÖ in Österreich ein „Recht auf ein analoges Leben“. Diese Forderung zielt darauf ab, Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine digitalen Angebote nutzen können oder wollen, nicht von staatlichen Leistungen und Förderungen auszuschließen.
Hintergrund und Forderungen der SPÖ
Am 12. Juni 2024 reichte die SPÖ einen dringlichen Antrag beim Nationalrat ein, der ein Recht auf ein analoges Leben fordert. Die Partei argumentiert, dass Förderungen und Leistungen wie der Handwerkerbonus oder staatliche Zinsen auch für Senioren uneingeschränkt zugänglich gemacht werden müssen. Derzeit sind viele dieser Angebote ausschließlich digital verfügbar und erfordern die Nutzung der ID-Austria, einer digitalen Authentifizierung. Dies schließt einen Großteil der älteren Bevölkerung aus, die keinen Zugang zu diesen digitalen Diensten haben. Die SPÖ betont, dass es nicht das Ziel der Gesellschaft sein kann, über eine Million Menschen, die keine Onlineangebote nutzen, von staatlichen Leistungen auszuschließen. Insgesamt schätzt die Partei, dass etwa vier Milliarden Euro an öffentlichen Leistungen und Förderungen ausschließlich online beantragt werden können.
Unterstützung in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es ähnliche Bestrebungen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) setzt sich für die Interessen der älteren Generation ein und fordert ein Recht auf ein Leben ohne digitale Medien und autonome technische Systeme. Diese Organisation vereint rund 120 Vereine und Verbände, die von älteren Menschen getragen werden oder sich für ihre Belange engagieren.
Auch wir unterstreichen die Bedeutung eines Grundrechtes auf ein analoges Leben, wie wir in unseren Tagesgedanken vom 01.07.2023 bereits dargelegt hatten.
Digitalzwang und gesellschaftliche Auswirkungen
Der Begriff „Digitalzwang“ beschreibt die Situation, in der Menschen gezwungen sind, digitale Dienste zu nutzen, um am öffentlichen Leben teilzuhaben. Dies kann zu einer neuen Form der Ausgrenzung führen, insbesondere wenn es keine analogen Alternativen gibt oder diese durch höhere Kosten oder größeren Aufwand unattraktiv gemacht werden. Der Verein Digitalcourage fordert daher ein „Grundrecht auf analoges Leben“, um Menschen davor zu schützen, aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen zu werden, weil sie kein Smartphone nutzen oder keine Apps installieren wollen.
Beispiele und rechtliche Aspekte
Ein konkretes Beispiel für den Digitalzwang ist die Deutsche Bahn, die angekündigt hat, dass BahnCards ab Juni 2024 nur noch digital über die Smartphone-App DB Navigator verfügbar sein werden. Dies stellt für Menschen ohne Smartphone eine Verschlechterung des Service dar. Auch in anderen Bereichen, wie der Steuererklärung für Selbstständige, gibt es ähnliche Herausforderungen. Ein Physiotherapeut konnte erfolgreich argumentieren, dass die elektronische Einreichung für ihn unzumutbar sei, da er dafür ein Gerät und eine Internetverbindung kaufen müsste.
Fazit
Die Forderung nach einem Recht auf ein analoges Leben ist eine Reaktion auf die zunehmende Digitalisierung und den damit verbundenen Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen. Es geht darum, sicherzustellen, dass auch Menschen ohne Zugang zu digitalen Medien uneingeschränkt am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben können. Dies ist nicht nur eine Frage der Fairness und Inklusion, sondern auch ein Akt der Solidarität in einer zunehmend digitalisierten Welt.