Was geschah im Altenheim?
Am 18.01.2021 schockierte ein Bericht in der Nassauische Neuen Presse jeden mitfühlenden Menschen. Der Leiter des "Hildegard von Bingen Senioren-Zentrum St. Georg" in Limburg berichtete dort über die unfassbaren Zustände nach einem Corona-Ausbruch in seiner Einrichtung. Mehrwöchige Isolierung von Menschen, Entzug des Kontaktes zur Außenwelt, hohe Sterbezahlen an bzw. mit Corona - der Bericht macht betroffen und wirft jede Menge auf.
Was war passiert?
Dies sind die Kernaussagen des Berichtes, den der Journalist Rolf Goeckel verfasste und die im Wesentlichen auf Aussagen des Sprechers der Einrichtung, Bernhard Rössler, basierten:
- 09.12.2020 - Erste Corona-Infektion im Heim. "Alle Schutzmaßnahmen" werden unverzüglich verhängt und umgesetzt
- Zu den Schutzmaßnahmen gehörte:
- "Alle (!) Bewohner wurden auf ihren Zimmern isoliert und hatten außer zu Pflegerinnen und Pflegern praktisch keinen Kontakt mehr zur Außenwelt"
- "Sämtliche Gemeinschaftsaktivitäten ... wurden eingestellt"
- Es gab weder gemeinsames Essen noch waren Besuche möglich
- Mitarbeiter betraten die Zimmer der Bewohner nur noch mit einem sogenannten Vollschutz, das heißt mit Handschuhen, Kopfbedeckung, Maske und Schutzbekleidung - Bis zum 17.01.2021 hatten sich dennoch 93 von 120 Bewohnern "infiziert"
- "Trotz der Schutzmaßnahmen stiegen die Zahlen immer weiter an"
- Zuerst Schnelltests angewendet, aber "wegen deren Ungenauigkeit" wurde umfassend PCR-getestet (am 16.12., 18.12., 28.12. und 07.01.), jeweils mit weiteren positiven Ergebnissen
- Stand 17.01.2021: "Die ohnehin schon hohen Schutzmaßnahmen wurden und werden ... nun weiter verschärft". Das hieß laut dem Bericht, dass die Quarantänemaßnahmen sowie das Besuchsverbot weiter verlängert werden und Betroffene erst nach einem negativen PCR-Test aus der Quarantäne entlassen werden.
- "Eine Entlastung durch Impfungen sei derzeit nicht in Sicht", da es Stand 17.01.2021 noch keine Termine gab
Bitte stellen Sie sich vor, wie es wohl damals in der Einrichtung zugegangen sein mag! Wir stellen es uns für die betroffenen Heimbewohner schrecklich vor, über mehrere Wochen in einen einzigen Raum nahezu ohne Kontakt zu anderen Menschen eingesperrt zu sein. Wer eine Corona-Quarantäne erlebt hat, der weiß, wie nervig die 14 Tage "Hausarrest" sind. Die meisten Menschen, die einer Quarantäne unterworfen wurden, sind einigermaßen jung und fit. Eventuell konnte man sich die Zeit am Computer vertreiben, hatte einen Garten zur Verfügung gehabt und seine Familienangehörigen um sich gewusst. Wer würde sich in seinen eigenen vier Wänden schon selbst auf ein Zimmer für 14 Tage isolieren (wer, außer FDP-Politikerin Karoline Preisler)?
Um wie viel unerträglicher muss es deshalb für einen alten Menschen gewesen sein, in einem Heim und eventuell krank und dement, allein in sein Zimmer gesperrt und "isoliert" zu werden. Für uns hört sich diese Behandlung eher nach Folter oder Gefängnis mit Einzelhaftbedingungen an, als nach einer angemessenen Gesundheitsmaßnahme, die zudem - wie im Artikel zu lesen ist - noch nicht einmal effektiv gewesen war.
Welches unfassbare Leid mit der Isolation von Menschen im Allgemeinen und von betagten Personen in Alten- und Pflegeheimen im Besonderen verbunden ist, kann man auszugsweise hier (SWR2), hier (Deutschlandfunk), hier (Nordkurier), hier (Focus) und hier (Ärzteblatt) beispielhaft erfahren. Der MDR hat dies jüngst ebenfalls umfassend dargestellt.
Ein Auszug aus dem MDR Bericht (ergänzt am 18.07.2023):
Schwerwiegende psychosoziale Folgen
Zentrale Erkenntnis: In stationären Pflegeeinrichtungen seien Schutzmaßnahmen wie Isolation und Quarantäne kontraproduktiv. Viele alte Menschen hätten den Sinn der sozialen Abgrenzung nicht nachvollziehen können und sich "weggesperrt" gefühlt.
So seien die alten Menschen vereinsamt, hätten sich zurückgezogen und teilweise depressive Symptome gezeigt. Einige Heimbewohner seien vermutlich aufgrund der anhaltenden Einsamkeit verstorben. Bei zwei Drittel der Betroffenen sei es vermehrt zu Stimmungsschwankungen gekommen. Ängste und Sorgen hätten während der Pandemie zugenommen.
Zudem seien die Konsequenzen im Alltag spürbar. Demnach verloren Heimbewohner unter anderem ihre Gewohnheiten. Auch die körperliche Alterung sei beschleunigt worden.
Angehörige als Stabilitätsanker
Die Autoren des Berichts führen die psychologischen Folgen auch darauf zurück, dass den Betroffenen die Möglichkeit zur Selbstbestimmung genommen worden sei. Das habe zu einem Gefühl der Ohnmacht geführt. Vor allem aber sei die Rolle der Angehörigen unterschätzt worden. Deren Wert sei so vielseitig wie unverzichtbar.
Unerhörter Protest
Auf der "Friedensketten"-Demo der Initiative "Limburg Steht Auf" haben wir am 30.01.2021 über diesen Artikel berichtet. Die Hoffnung, der NNP-Artikel und die Demo würden zu einem Aufschrei in der Limburger Stadtgesellschaft führen und das Leiden der Menschen beenden, wurde leider enttäuscht. Zumindest für Außenstehende ereignete sich nichts Erkennbares, außer dass man die Kritiker der Maßnahmen diffamiert und verleumdet hat.
Wenn man den Bericht liest, dann ist es schon sehr erstaunlich, mit welcher Ruhe und Gelassenheit sowohl der Sprecher des Heimes als auch der Journalist über die Lage im Altenheim sprechen. Anscheinend war damals die Panik über das Virus so groß, dass man das Gespür für die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen weitgehend verloren zu haben schien. Empathie für die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner? Zu lesen ist davon nichts.
Wir sind der Meinung, dass dieser Vorfall nicht in Vergessenheit geraten darf und dringend aufgeklärt und aufgearbeitet werden sollte, damit die Verantwortlichen von damals ermittelt werden können und überprüft wird, ob diese rechtmäßig, vor allem verhältnismäßig, gehandelt haben. Oder ob nicht gar Straftatbestände, wie z.B. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verstöße gegen das Folterverbot oder fahrlässige oder vorsätzliche KJörperverletzungen, unterlassene Hilfeleistung sowie ungesetzliche Freiheitsentziehungen stattgefunden haben.
Von den damals Betroffenen, so steht zu befürchten, dürften heute nur noch wenige am Leben sein. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass der Mantel des Schweigens über diesen Vorfall geworfen wird. Wir sind es den Betroffenen schuldig aufzuklären, auch damit sich so etwas niemals wiederholen wird.
Drängende Fragen
Uns stellen sich aus dem Vorfall u.a. folgende Fragen, auf die Antworten benötigt werden, um die Dimension des Vorfalls einschätzen zu können:
- Haben sich die Bewohner freiwillig über mehrere Wochen in ihren Zimmern einsperren lassen? Haben Sie sich beschwert, lauthals protestiert oder gar randaliert?
- Mussten Menschen fixiert oder sediert werden, um sie in dieser Weise zu "halten"?
- Inwieweit waren die jeweiligen Hausärzte in die Entscheidungen eingebunden? In welchem Umfang und durch wen wurde in dieser Zeit medizinische Betreuung geleistet?
- Gab es Proteste von Angehörigen und wenn ja, wie haben diese auf die Anordnungen reagiert? Wäre es möglich gewesen, seine Angehörige in dieser Zeit aus den Heim nach Hause zu holen?
- Wie oft und wie lange hatten die Bewohner täglich Kontakt zu dem Pflegepersonal?
- Laut Bericht kam es in dem Heim in dieser schweren Zeit zu rund 20 Todesfällen. In welchen zeitlichen Abständen zur jeweiligen "Infektion" verstarben die Menschen? Waren die Todesfälle durch Corona verursacht oder war der positive PCR-Test nur eine Begleitdiagnose? Ist auszuschließen, dass die Todesfälle durch die Maßnahmen begünstigt wurden?
- Inwieweit durften sich Angehörige von Sterbenden verabschieden? Oder mussten die Menschen isoliert und einsam sterben?
- Die Betroffenen wurden durch einen positiven PCR-Test als "infiziert" betrachtet. Ein positiver PCR-Test allein kann keine Infektion nachweisen, was dem Gesundheitsamt auch bekannt ist. Wurden die PCR-Verdachtsfälle durch einen Arzt als Infektion bestätigt? Verlangte das Gesundheitsamt eine entsprechende ärztliche Abklärung? (Zur PCR-Test Problematik einführend hier)
- Warum wurden infizierte Personen insbes. bei Vorliegen von Krankheitssymptomen nicht in ein Krankenhaus verbracht? Warum starben offensichtlich so viele Menschen im Heim statt in einer Klinik?
Zudem stellt sich u.E. die Frage, wer eine so lange Isolation von Menschen überhaupt anordnen und vertreten konnte. Nach einem positiven PCR-Test galt laut Corona-Verordnung in der Regel eine 14-tägige Pflicht zur Quarantäne bzw. häuslicher Isolierung. Laut dem Bericht wurden jedoch alle Personen, offenbar unabhängig von ihrem individuellen PCR-Test-Ergebnis, isoliert und dies über die 14 Tage-Frist hinaus.
- Wer hat hierzu die Anordnungen getroffen? Warum wurde die Isolation länger als 14 Tage aufrecht erhalten?
- Wurde auf Basis von Pauschalanordnungen / Verordnungen gehandelt oder lagen individuelle Entscheide für jeden einzelnen Betroffenen vor? Wie wurde die Freiheitsentziehung begründet?
- Wurde den Betroffenen rechtliches Gehör gewährt und wenn ja, wer hat ihre Rechte vertreten?
- War das Gesundheitsamt eingeschaltet und wusste dieses von der übermäßig langen Isolation?
- War der Landrat und / oder der Corona-Krisenstab laufend über die kritische Lage im Heim und die mehrwöchtige Isolierung der Bewohner informiert?
- Wurde die Isolation ausschließlich auf Basis von PCR-Testergebnissen vorgenommen?
- Mit welcher Begründung wurden auch nicht-infizierte Personen isoliert?
- Wurden mildere Mittel, zum Beispiel die Zusammenlegung nicht-infizierter Personen auf einzelnen Stockwerken, erwogen? Warum wurden keine milderen Mittel angewendet?
- Wie wurden die Bewohner laufend medizinisch betreut bzw. überwacht?
- Gab es abseits klassischer Corona-Symtome signifikante Verschlechterungen im Gesundheitszustand von Betroffenen während dieser Isolation?
Verbindung zur Neujahrs-Impfung des Landrats
Besonders pikant erscheint in diesem Zusammenhang die Feststellung von Herrn Rössler, dass die "Impfung" noch keine Erleichterung verspräche, da noch keine Termine bekannt gewesen seien. Nun stehen wir der "Impfung", aka genbasierte mRNA-Behandlung, bekanntermaßen kritisch gegenüber. Aber da die Verantwortlichen ganz überwiegend bekennende Befürworter der mRNA-Behandlung gegen Covid-19 waren und wohl bis zum heutigen Tage noch sind, versetzen wir uns für unsere nachfolgenden Ausführungen einmal in deren Denkmuster und argumentieren entsprechend.
In dieser Zeit waren die Impfungen noch neu und es lag nicht ausreichend Impfstoff vor, um zügig alle vulnerablen Gruppen zu impfen. Es musste deshalb seitens der Behörden eine Priorisierung vorgenommen worden. So wurde u.a. am 01.01.2021 in einem Heim in Niederselters geimpft. An diesem Tag wurden (versehentlich?) zu viele Impfdosen in den Spritzen aufgezogen, der vor Ort nicht mehr an priorisierte Gruppen verimpft werden konnte. Um keinen "wertvollen Impfstoff zu vergeuden" wurde nach Impfwilligen gesucht. Gefunden wurde der Landrat des Landkreises Limburg-Weilburg, Herr Michael Köberle, sowie fünf weitere Impfwillige, die gemäß den öffentlich bekannten Ergebnissen aus der Kreistagsdebatte dem Krisenstab des Landkreises angehörten. Namen sind hier nicht bekannt.
Zu diesem Fall wurde viel geschrieben, die FDP Limburg-Weilburg hat damals einen guten Fragenkatalog dazu verfasst (deren Antworten wir gerne kennen würden!), der Landrat hat sich dazu geäußert und auch im Kreistag war es ein Thema .
Es ergeben sich aber dennoch im Kontext der Notlage im Limburger Altenheim zusätzliche Fragen:
- Warum gehörte das Limburger Altenheim trotz der seit 9.12.2020 vorliegenden besonderen Notlage nicht zu den priorisierten Lokationen für die Corona-Impfung?
- Wann standen im Altenheim Termine für Imfpungen fest?
- Warum wurden die überzähligen Impfdosen nicht nach Limburg gebracht, um in den Heim wenigstens für einige Bewohner eine Perspektive heraus aus der Isolation zu ermöglichen?
- Wussten die sechs Personen, die am 1.1.20 mit den überzähligen Dosen des Corona-Impfstoffs bedacht wurden, von der Notlage in Limburg? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum haben sie sich dennoch impfen lassen?
Das wären zumindest die Fragen, die wir uns stellen würden, wenn wir vom Nutzen der Impfung für vulnerable Gruppen überzeugt wären und den am meisten betroffenen Menschen schnellstmögliche Erleichterung zukommen lassen wollten.
Aufklärung und Aufarbeitung sind unausweichlich
Eine Aufklärung und Aufarbeitung dieser Zeit wäre uns als Angehörige ein dringendes Bedürfnis und sollte uns auch insgesamt als Gesellschaft ein dringendes Anliegen sein. DIe Schilderungen, die hier vom Sprecher des Heimes selbst vorgetragen wurden, erwecken einen skandalösen Eindruck der Zustände im Limburger St. Georgs-Altenheim rund um das Weihnachtsfest 2020.
Wenn Angehörige, Ärzte, Politik und Gesellschaft von sich aus diese Zeit nicht aufarbeiten wollen, dann muss dies gegebenenfalls durch eine staatsanwaltliche Untersuchung angestoßen werden. DIe Schilderungen, die vom Sprecher des Heimes selbst vorgetragen wurden, werfen jedenfalls eine Menge Fragen auf, von denen einige u.E. auch unter dem Aspekt eines möglichen Anfangsverdachts für strafbare Handlungen zu prüfen sind.
Staatsanwaltschaft Limburg, ermitteln Sie!
Alles für die Gesundheit, haben sie gesagt.
Alles für die vulnerablen Gruppen, haben sie gesagt.
Exkurs: Was in Heimen und Spitälern tatsächlich passiert
Exkurs: Die häusliche Isolation im Hause der FDP.-Politikerin Karoline Preisler
Aufklärung, Aufarbeitung, Verantwortungsübernahme - Wir schweigen nicht!
Coronamaßnahmen, Medien, Impfung, Kreis Limburg-Weilburg, Michael Köberle, Klaus Valeske, CDU Limburg-Weilburg, SPD Limburg-Weilburg, Grüne Limburg-Weilburg, AfD Limburg-Weilburg, FDP Limburg-Weilburg, Alten- und Pflegeheime, Nassauische Neue Presse, Jörg Sauer, Marion Schardt-Sauer, Staatsanwaltschaft Limburg