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Rücksichtslose Querdenker!

In der NNP vom 05.01.2021 fordert der Kommentator, Herr Rolf Goeckel, Wertschätzung für die Arbeit von Pflegekräften und Klinikpersonal ein. Diese Wertschätzung haben die Menschen in Pflegeberufen sicher verdient. Wenig Respekt zollt Herr Goeckel dagegen "selbst ernannten Querdenkern", die egoistisch das Wohl anderer Menschen aufs Spiel setzen. Das erfordert meines Erachtens eine Antwort.

Sehr geehrter Herr Goeckel,

ich bin heute in Ihrem Kommentar über eine erschreckende Formulierung gestolpert, in der Sie „selbsternannte Querdenker“ als „rücksichtslos“ bezeichnen und bezichtigen, diese würde das „Wohl anderer leichtfertig aufs Spiel setzen“. Generell halte ich es für falsch, ganze Personengruppen, zudem wenn diese ziemlich heterogen sind, so zu diffamieren.

Ich selbst fühle mich zwar der Querdenken-Bewegung im engeren Sinne nicht zugehörig, bin aber sehr wohl ein entschiedener Kämpfer für die Grundrechte und Kritiker der aktuellen Corona-Politik. Insoweit fühle ich mich durch Ihr Statement angesprochen und auch persönlich angegriffen.

Wer die aktuelle Corona-Politik kritisiert, der zeichnet sich meiner Meinung nach nicht automatisch als rücksichtsloser Egoist aus. Vielmehr zeichnet die meisten Kritiker die ich kenne aus, dass Sie neben den Opfern einer Krankheit namens Covid-19 (die von keinem Menschen in meinem Umfeld bestritten werden) auch andere Opfer der Corona-Maßnahmen im Blick haben. Wenn die Regierung beispielsweise verhindern will, dass im Gesundheitssektor triagiert werden muss und dann eine Lage bewusst herbeiführt, die verhindert das schwerkranke Menschen in ein Krankenhaus aufgenommen werden, weil man dort Plätze für Corona-Patienten freihalten will, der übt genau eine solche Triage bereits aus. Entsprechende Fälle sind mir persönlich bekannt.

Wer durch einen Lockdown sicherstellen will, dass nicht nur die vulnerablen Gruppen unter Einschränkungen wegen Corona leiden und sich benachteiligt fühlen, und deshalb allen Menschen das Leid der Isolierung zumutet, dann aber das Ziel, genau die besonders gefährdeten Menschen zu schützen so kläglich verfehlt wie aktuell (hohe Fallzahlen und Sterblichkeit genau dort, wo man besonders schützen müsste), muss für seine völlig verfehlte Krisenpolitik gescholten werden. Ziel verfehlt, Kollateralschaden maximiert – das ist die Bilanz der Regierungspolitik!

Wer meint, die Regierung betreibe eine verantwortungsbewusste Krisenpolitik und deshalb akzeptiert, dass diese Regierung in der Pandemie Klinikbetten abbaut und gar ganze Krankenhäuser schließt, auch das ist leicht belegbar, der sollte seinen eigenen Wertekompass prüfen oder sich ebenfalls ins Lager der Corona-Maßnahmenkritiker einreihen. Wer zudem ignoriert, dass die freien Betten sinken – nicht wegen Belegung sondern Abbau – und das als Rechtfertigung für einen Lockdown kritiklos schluckt, zeigt wenig Respekt für das freie, selbstbestimmte Leben seiner Mitmenschen.

Und wer meint, eine Pandemie, die so schlimm ist, dass weder eine signifikante Übersterblichkeit feststellbar ist (laut WHO liegt das Sterberisiko auf dem Niveau einer mittelschweren Grippewelle) und die nur deshalb besteht, weil der angewendete PCR-Test in einer Art und Weise zweckentfremdet wird, dass es zu einer Überzeichnung des tatsächlichen Infektionsverlaufes kommt, sei eine hinreichende Rechtfertigung für einen vollständigen Lockdown der Gesellschaft, für Lernausfall von Kindern, für eine Schuldenpolitik ohne Maß, für eine faktische Aussetzung vieler Grundrechte und eine Gesinnungsrechtsprechung, wie sie aktuell bei Demos der sog. „Querdenker“ erfolgt (deren Demos ohne Begründung verboten werden, während Gegendemos anstandslos genehmigt werden), der sollte seinen demokratischen Kompass sowie seine Verfassungstreue ernsthaft prüfen.

Dies sind nur einige wenige Beispiele für m.E. berechtigte Kritik an den derzeit herrschenden Verhältnissen. Alles dies blenden Sie mit ihrem polemischen und spalterischen Kommentar aus. Ich würde mich gerne mit Ihnen austauschen, ob das wirklich ihr Standpunkt ist oder Sie einfach nur in ihrem Kommentar über das Ziel kräftig hinausgeschossen sind. Der demokratische Diskurs sollte ausgewogener und faktenbasierter geführt werden, als es derzeit der Fall ist. Und wenn wir eine friedliche und demokratische Gesellschaft erhalten wollen, sollten wir lernen, andere Standpunkte und Meinungen auszuhalten und zu reflektieren – ohne dass gleich der Kamm schwillt.

Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören!

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Hübner

Coronamaßnahmen, Kritik, Querdenken