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Der Niedergang des Presse-Ethos

In der NNP Nassauische Neue Presse wurde am 10.01.2023 ein Artikel unter der Überschrift "Jurist beschäftigt die Justiz" veröffentlicht. Auch wenn es in diesem Artikel um jemand ganz anderen geht, hat die Zeitung bzw. die Journalistin Anken Bohnhorst die Gelegenheit genutzt, "Manfred H." mit hineinzuziehen.

Der Zweck scheint darin zu bestehen, durch die Nennung von "Manfred H." den "Juristen" identifizierbar zu machen, etwas, was in der Verdachtsberichterstattung nur ausnahmsweise gemacht werden sollte.

Zudem könnte man die Vermutung haben, dass ein weiteres Ziel darin besteht, einen Keil zwischen Verteidiger und Mandant zu treiben oder - wie zuletzt in de 70er Jahren bei den RAF-Prozessen (!) geschehen - den Verteidigern ihre Mandanten vorzuwerfen.

Kritische Bürger werden auf eine Stufe mit Terroristen gestellt? Ob solche "Fachkräfte" wie Frau Bohnhorst wissen, in welche geschichtliche Parallelen sie sich begeben?

Gleichzeitig wärmt man in dem Artikel auch die gegen "Manferd H." laufenden Verfahren auf, stellt also ihn als Beschuldigtem mit Namen erneut der Öffentlichkeit vor.

Eine mehrfache Verdachtsberichterstattung kann bereits ein Straftatbestand sein.

Ich verweise diesbezüglich z.B. auf https://www.streifler.de/artikel/die-grundsaetze-der-verdachtsberichterstattung , so dass sich jeder seine Gedanken machen kann, ob es überhaupt angemessen ist, wegen solcher Tatvorwürfe wie "Karussellfahren auf dem Weihnachtsmarkt" eine Bloßstellung und Rufschädigung einer Privatperson zu tätigen.

Was m.E. aber überhaupt nicht geht ist, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wie erwiesene Tatsachen dargestellt werden. Ich dachte das in Deutschland die Unschuldsvermutung gilt!

Da weder das Verfahren abgeschlossen ist, geschweige denn ein Urteil gesprochen wurde und die "Manfred H." vorgeworfenen Taten von diesem bestritten werden bzw. dieser sich auf Art. 5 GG "Meinungsfreiheit" beruft, sollte man erwarten, dass "Manfred H." so lange als unschuldig gilt, bis ein Urteil rechtskräftig ergangen ist.

Der presserechtliche Anstand scheint nun auch bei der NNP Limburg endgültig zu verfallen, nachdem man sich mit der Weilburger Redaktion des Weilburger Tageblatt - mittelhessen.de zusammengeschlossen hat. Oder wie muss der geneigte Leser diese eklatante Missachtung des Pressekodex werten?

Der Artikel in der NNP von Anken Bohnhorst stellt m.E. eine Missachtung der Presse-Regeln zur Verdachtsberichterstattug dar und ist auch sachlich schlicht falsch.

Lest bitte alle den verlinkten Artikel. Die NNP nimmt auch gerne Leserbriefe oder Beschwerdeschreiben entgegen.

Update 13.01.2023: Antwort Anken Bohnhorst auf meine Beschwerde! "Es ist keine Verdachtsberichterstattung" 😅 Ob der Jurist das auch so sieht?

Aber gut, dann wenden wir die Standards für einen "normalen" Artikel an (was immer bei der NNP "normal" ist). "Identifizierbare Berichterstattung ohne Rückfrage beim Betroffenen" plus "falsche Tatsachenbehauptung" fallen mir da spontan als Verstöße gegen den Pressekodex ein.

Aber hey, in der Redaktion sitzen die Koryphäen vor und nach so einem "Meisterwerk" mutmaßlich zusammen und feixen, wie sie es dem "Manfred H." mal wieder gezeigt haben. Wie sie die asymmetrische Machtverteilung exzellent "für die gute Sache" von Zersetzung und Rufschädigung eingesetzt haben.

Und darauf ist man bei der NNP Nassauische Neue Presse anscheinend auch noch Stolz, mindestens aber scheint man mit sich selbst zufrieden. Bravo, "well done" - ihr seid durch.

Der Anspruch von Journalismus war mal größer. Heute reicht es bei vielen nur noch zum Treten nach unten und zum Anbiedern nach oben. Das wird langfristig nicht zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell werden, da bin ich mir sicher. Insofern regelt sich am Ende alles von selbst.

Medien, Grundrechte, Rechtliches, Rechtsstaat, Nassauische Neue Presse, Pressekodex, Anken Bohnhorst