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Alles für Deutschland

Vor dem Landgericht in Halle muss sich der AfD-Politiker Björn Höcke derzeit vor Gericht verantworten. "Alles für Deutschland" sei ein Kennzeichen einer verbotenen bzw. terroristischen Organisation und von ihm vorsätzlich verwendet worden, so der Vorwurf. Doch statt um die Ahndung von Nazi-Sprüchen scheint es eher um die Verfolgung missliebiger Personen und ein Angriff auf die Meinungsfreiheit zu gehen.

Zusammengefasst geht es in dem Höcke-Prozess in Halle darum, dass dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke vorgeworfen wird, eine verbotene SA-Parole verwendet zu haben. Konkret soll Höcke bei Wahlkampfauftritten in Merseburg und Gera die Parole "Alles für Deutschland" verwendet haben, die vom Gericht als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation eingestuft wird. Höcke selbst bestreitet die Vorwürfe und gibt an, er habe den Slogan "Alles für die Heimat" lediglich rhetorisch gesteigert, ohne zu wissen, dass dieser von der SA verwendet wurde. Er sieht sich als Opfer einer politischen Verfolgung und versucht, den Prozess als Bühne zu nutzen, um Wähler zu mobilisieren und Spenden einzutreiben.

Die Sprecherin des Gerichtes stellte in einem Statement fest, Höcke habe seine Rede mit den fraglichen Worten beendet. Schauen wir uns also zunächst an, worum es tatsächlich geht und stellen fest, dass hier schon die erste Ungenauigkeit zu Tage tritt:

Eine Strafbarkeit der Worte "Alles für Deutschland" (§86a StGB) knüpft sich an zwei wesentlichen Voraussetzungen: zum einen muss die Verwendung in einem klar sich positiv / unterstützend auf die Nazizeit beziehenden Kontext erfolgen. Denn tatsächlich sind die Worte "Alles für Deutschland" sicher schon mehrfach seit 1945 straffrei verwendet worden. So mancher Wähler dürfte nämlich von seinen Volksvertretern erwarten, dass diese "alles" für ihr Land tun - und zwar alles Positive für das Land. Die zweite Voraussetzung ist, dass die Verwendung vorsätzlich - unter Kenntnis der Tatsache, dass die Parole von der SA verwendet wurde - erfolgte bzw. billigend in Kauf genommen wurde. Es kommt also auf den Kontext an, in dem die Verwendung erfolgt.

Im Falle von Höcke scheint man die bewusste Verwendung auf zwei Indizien fußen zu wollen: zum einen müsse ihm als Geschichtslehrer die Bedeutung und der SA-Kontext bekannt gewesen sein und zum anderen geht es halt um Björn Höcke, der für viele die Inkarnation des Leibhaftigen zu sein scheint und bei dem jedes Wort auf rechtsextreme Goldwaage gelegt wird. Tatsächlich gab er in der Vergangenheit selbst schon mehrfach Gelegenheit, durch Selbstinszenierungen oder fragwürdige Redewendungen ihm eine entsprechende rechtsextreme Gesinnung nahezulegen.

Dennoch erscheint es für uns jedoch schwierig, auf diese Art eine "Generalschuld unter allen Umständen" zu konstruieren. Wenn wir uns die Redepassage in dem obenstehenden Video anhören, scheint der Ausspruch weder in einem klaren Bezug zur Nazizeit gefallen zu sein, noch wurde er durch eine aggressive Tonlage rhetorisch in einer aufstachelnden, ggf. an Nazis erinnernden Art und Weise getätigt. Die Rede wurde auch nicht "mit den Worten beendet", sondern Höcke selbst ordnet die Verwendung nach der Verwendung ein, in dem er auf die Wahlen Bezug nimmt und sich durch einen Politikwechsel eine bessere Zukunft für Sachsen-Anhalt wünscht. Unserers Erachtens steht hier der Bezug im Vordergrund, dass der Bürger im patriotischen Sinne von seinen gewählten Volksvertretern erwarten können sollte, dass diese alles für ihr Land, "alles für Deutschland", tun. Ein abwertender Kontext gegen andere Länder oder Volksgruppen, wie er typisch für die Nazis war ("Deutschland über alles"), ist nicht erkennbar.

Sanktioniert man die gewählten Worten "unter allen Umständen", verbietet man damit auch indirekt den Gedanken, deutsche Politik dürfe die Interessen Deutschlands an die erste Stelle treten lassen. In keinem anderen Land würde man solches anstössig finden. In einer Zeit, in der mehr und mehr Bürger das Gefühl haben, dass Politik eher für andere als für deutsche Interessen gemacht wird, ein fatales Zeichen. Natürlich heißt alles für sein Land zu tun nicht, andere Länder und die Interessen anderer unbeachtet zu lassen. Im Gegenteil: wer alles (Positive) für sein Land tun will, muss zwangsläufig den Blick über den Tellerrand der eigenen Staatsgrenzen werfen. Deutschland ist dem Frieden und der Völkerverständigung verpflichtet. Allein schon deshalb kann denklogisch die Verwendung der Redewendung im modernen Deutschland nicht mehr monokausal auf die Nazizeit reduziert werden.

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Bei keinem anderen Politiker, jedenfalls bei keinem Nicht-AfD Politiker, hätte man deshalb wohl auch ein solches Verfahren angestrengt. Dass man dies vor den wichtigen Landtagswahlen 2024 im Osten im Falle Höcke dennoch tut, trägt unseres Erachtens den eindeutigen Beigeschmack, die Opposition zu schwächen und Höcke weiter zu diskreditieren.

Exkurs: Was alles in Deutschland verboten ist

Wie politisch (und auch verlogen) dieser Prozess ist, zeigt sich auch am historischen Gerichtsgebäude in Halle selbst. In diesem sollte der Prozess ursprünglich stattfinden. Tatsächlich verlegte man den Prozess zum Start in ein anderes Gebäude. Ob dies daran liegt, dass sich an dem Gericht in Halle die Losung "Jedem das Seine" findet? Diese ist wohl unstrittig noch bekannter mit der Nazizeit verbunden, prangten diese Worte doch an den Toren mehrerer Nazi-Konzentrationslager, z.B. in Buchenwald. Und die Naziherrschaft war nun wahrlich keine Glanzzeit für die deutsche Gerichtsbarkeit, wenn man z.B. an Verbrecher wie den Volksgerichtshof-Präsidenten Freisler denkt. Niemand käme dennoch auf die Idee, automatisch aktuellen Richtern oder Gerichten eine Nähe zu der Nazizeit anzudichten, obwohl diese in einem Gebäude mit dieser Losung arbeiten.

Ähnlich absurd ist es, wenn man AfD-Politikern automatisch "völkisches Gedankengut" unterstellt, sobald diese das Wort "Volk" in den Mund nehmen. "Dem deutschen Volke" steht über dem Eingang zum Reichstagsgebäude, dem Sitz des Deutschen Bundestages. "Ohne Volk kein Staat" mag man den um die Delegitimierung des Staates so besorgten Poltikern des Nicht-AfD-Spektrums zurufen.

Man kann sich deshalb des Eindrucks nicht erwehren, dass der Prozess in Halle politisch motiviert ist und damit ein weiterer Versuch unternommen werden soll, die Meinungsfreiheit in Deutschland einzuschränken - vor allem, die Rede- und Gedankenfreiheit von Menschen, denen ein konservativer Patriotismus am Herzen liegt und die sich tatsächlich wünschen, dass die Politik alles Gute für ein freies, demokratisches und liberales Deutschland tut.

Grundrechte, Rechtliches, Meinungsfreiheit, AfD, Björn Höcke